Die Entwicklung der Friedhofskultur

 

Mit der Säkularisation im Zuge der Besetzung Kölns durch die französischen Truppen (1794) ging auch eine Veränderung der Friedhofskultur in Köln einher. Das „Kaiserliche Dekret über die Begräbnisse“ untersagte aus hygienischen Gründen Beerdigungen innerhalb der Stadtmauern und übertrug das Bestattungswesen von der Kirche auf die Zivilgemeinde.

           Bis zu diesem Zeitpunkt lag die Verantwortung für das Bestattungswesen in Händen der katholischen Kirche. Für die Katholiken bedeutete dies, sie wurden auf den Friedhöfen beerdigt, die um ihre Kirchen und damit zumeist innerhalb der Stadt lagen. Vornehme Familien ließen sich sogar in den Kirchen sowie in den Kreuzgängen der Klöster und Stifte bestatten. Hierbei spielte der Glaube an die Heil spendende Kraft der Reliquien eine wichtige Rolle, deren Nähe von den Menschen gesucht wurde. Fremde, die der Tod unvermutet in Köln ereilte, wurden im Mittelalter auf Elendsfriedhöfen beigesetzt, die sich am Katharinengraben oder zwischen Stadtmauer und Zeughausstraße befanden.

 

Randgruppen wie Juden oder auch Protestanten mussten ihre Verstorbenen vor den Mauern der Stadt beerdigen. Den Juden, die nach ihrer Vertreibung aus der Stadt im Jahre 1424 in Deutz eine neue Gemeinde aufbauten, wurde südöstlich dieses Ortes 1695 von Erzbischof Joseph Clemens ein Gelände für Bestattungen zur Verfügung gestellt. Auch den Protestanten, vor allem niederländische Calvinisten, die sich ab dem späten 16. Jh. auf der Flucht vor den spanischen Machthabern in Köln niederließen und spöttisch als „Geusen“ (gueux = Bettler) bezeichnet wurden, war die Bestattung innerhalb der Stadt nicht gestattet. Nachdem sie ihre Verstorbenen wenige Jahre lang auf dem Elendsfriedhof an St. Katharinen beerdigt hatten, wurde ab 1576 den Protestanten recht weit außerhalb der damaligen Stadt vor dem Weyertor (heutige Stadtteil Lindental, Ecke Weyertal/ Kerpener Str.) eingerichtet, der bis 1829 belegt wurde.             

 

Heutige Kapelle auf dem Gebiet der ehemaligen Leprastation

Inschrift auf dem Torbogen II/ Innenseite

Im Zuge des oben genannten Dekrets wurde 1810 auf dem Gebiet von Melaten, der 1767 geschlossenen Leprastation, der katholische Friedhof eingerichtet und damit der mittelalterlichen Bestattungspraxis ein sichtbares Ende bereitet. Ab 1829 wurde die von Ferdinand Franz Wallraf geplante Anlage auch für Protestanten geöffnet.

 

 Neben den Grabstätten finden sich auf dem Friedhof immer wieder Monumente zum Gedenken an Gefallene diverser Kriege bis zurück in die Zeit Napoleons.

 Heute handelt es sich bei Melaten um den wohl bekanntesten Friedhof der Stadt, auf dem mittlerweile zahlreiche prägende Gestalten der neueren Kölner Stadtgeschichte beigesetzt sind. Manchem nicht prominentem Kölner dürfte dies Anreiz genug sein, seine letzte Ruhestätte auf Melaten zu wählen. Mag dem einen oder anderen dabei eine weltliche, von der freien Marktwirtschaft geprägte Parallele zur mittelalterlichen Reliquienverehrung in den Sinn kommen, so beschert andererseits das Flair dieses knapp 200 Jahre alten Friedhofs dem Denkmalschutz ungeahnte Perspektiven: baufällige Grabdenkmäler können als Patenschaften übernommen werden, um den Verfall zu stoppen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. So bleiben einerseits historische Zeugnisse der Stadtgeschichte erhalten, andererseits sichern sich die Paten damit außergewöhnliche Ruhestätten.  

Oben: Patenschaftsgrab des Vereins "Himmel un Äd", der sich für aids- u. krebskranke Menschen engagiert. Rechts: verfallenes Grab, das auf einen Paten wartet.

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